
Das Wichtigste zum Thema Psychotherapie und wie Sie eine geeigneten Psychotherapeut:in finden
Hinweis: Über TeleClinic ist es derzeit nicht möglich mit Psychotherapeut:innen zu sprechen. Die folgenden Informationen beziehen sich auf den Ablauf mit Psychotherapeut:innen vor Ort.
Psychische Erkrankungen sind mit über 44 Milliarden Euro an direkten Kosten die zweitteuersten Erkrankungen in Deutschland und die häufigste Ursache für eine vorzeitige Rente. Sollten Sie das Gefühl haben, eine Psychotherapeutin oder einen Psychotherapeuten zur Unterstützung und Hilfe zu benötigen, erfahren Sie hier mehr über die Psychotherapie und wie Sie eine geeignete Therapeutin oder Therapeuten finden.
Kurzfassung
- Eine Psychotherapie dient dazu, seelische Erkrankungen festzustellen und zu lindern oder zu heilen.
- Ein Psychotherapeut arbeitet mit wissenschaftlich anerkannten Therapieverfahren, Techniken und Methoden in Einzel- oder Gruppensitzungen, in einer Praxis oder in einer Klinik, als Kassen- oder Privattherapeut:in.
- Psychotherapie ist eine zuzahlungsfreie Leistung der gesetzlichen und privaten Krankenversicherungen.
- In der ambulanten Therapie übernehmen die gesetzlichen Krankenversicherungen zurzeit die Kosten für analytische Psychotherapie, tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie, Verhaltenstherapie oder systemische Therapie.
- Die privaten Versicherer übernehmen ggf. zusätzlich die Kosten für weitere Verfahren. Das Leistungsangebot ist im jeweiligen Versicherungsvertrag geregelt.
- Am 1. September 2020 ist ein neues Psychotherapeutengesetz in Kraft getreten, das neben der Ausbildung auch die psychotherapeutische Versorgung neu regelt und mit einer geänderten Berufsbezeichnung einhergeht. Künftig lautet diese Psychotherapeutin/Psychotherapeut.
- Die Tätigkeit von Psychotherapeut:innen ist nicht identisch mit dem Beruf der Psychiater oder Psychologen.
Neues Psychotherapeutengesetz
Am 1. September 2020 ist ein neues Psychotherapeutengesetz in Kraft getreten, mit einer Übergangsfrist bis 2032. Neben der Ausbildung regelt es die psychotherapeutische Versorgung neu. Auch die Berufsbezeichnung ändert sich: in Psychotherapeutin/Psychotherapeut.
Bisher lautete die Bezeichnung Psychologischer Psychotherapeut (nach Psychologiestudium und einer mindestens dreijährigen Ausbildung zum Psychotherapeuten) oder Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut (nach Studium der Psychologie, Pädagogik oder Sozialpädagogik und einer spezifischen psychotherapeutischen Ausbildung).
Ärztinnen und Ärzte, die nach dem Medizinstudium eine fachspezifische Weiterbildung durchlaufen, können sich weiterhin ärztliche Psychotherapeutin/ärztlicher Psychotherapeut nennen.
Was macht eine Psychotherapeutin/Psychotherapeut?
Psychotherapeut:innen stellen psychische, psychosoziale oder psychosomatisch bedingte Krankheitsbilder fest und versuchen diese zu lindern oder zu heilen. Als seelische Krankheit wird im Sinne der Psychotherapie-Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) „eine krankhafte Störung der Wahrnehmung, des Verhaltens, der Erlebnisverarbeitung, der sozialen Beziehungen und der Körperfunktionen“ verstanden. Beispiele sind:
- Angst-, Zwangs-, depressive Störungen und Burnout
- Essstörungen
- Suchterkrankungen
- Persönlichkeitsstörungen
- psychische Beeinträchtigungen oder Behinderungen aufgrund körperlicher Erkrankungen wie Krebs (Behandlung durch Psychoonkologen: Psychotherapeuten mit anerkannter psychoonkologischer Weiterbildung)
- psychische Beeinträchtigungen oder Behinderungen aufgrund traumatischer Erlebnisse (Posttraumatische Belastungsstörung, PTSD) oder Psychosen
Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten sind fest angestellt oder freiberuflich tätig; sie haben eine Kassenzulassung oder arbeiten in privater Praxis und bieten eine Kostenerstattung an. Im Gegensatz zu den ärztlichen Kolleginnen und Kollegen dürfen Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten nach wie vor keine Arznei- und Heilmittel verordnen.
Beide Berufsgruppen können alle Altersstufen behandeln. Künftig spezialisiert sich die Psychotherapeut:in nach einem fünfjährigen Studium mit Approbationsprüfung in einer mehrjährigen Ausbildung auf Kinder und Jugendliche oder auf Erwachsene. Auch Ärztinnen und Ärzte für Psychosomatik und Psychotherapie führen psychotherapeutische Behandlungen durch. Es gilt der Grundsatz „ambulant vor stationär“.
Die Unterschiede: Psychotherapeut:in, Psycholog:in, Psychiater:in
Geht es um die Psychotherapie, wissen Hilfesuchende oft nicht, wer der richtige Ansprechpartner ist: Psychotherapeut:in, Psycholog:in oder Psychiater:in? Denn umgangssprachlich werden die Berufe häufig synonym verwendet. Wussten Sie beispielsweise, dass eine Psycholog:in gar keine Psychotherapien durchführen und auch keine Medikamente verordnen darf? Informieren Sie sich hier über die Unterschiede:
Psychotherapeut:in/ärztliche Psychotherapeut:in | Psycholog:in | Psychiater:in | |
Ausbildung |
Ärztinnen & Ärzte, die keine zusätzliche Ausbildung benötigen:
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Handlungsspielraum |
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Tätigkeitsbereich |
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Psychotherapeutische Sprechstunde
Bevor eine psychotherapeutische Behandlung beginnen kann, müssen Sie ein Gespräch mit einer Psychotherapeutin oder einem Psychotherapeuten geführt haben. In dieser psychotherapeutischen Sprechstunde wird geklärt, ob ein Verdacht auf eine psychische Erkrankung vorliegt, welches Verfahren hilfreich sein könnte und welches Setting sinnvoll ist – eine Einzel- oder Gruppentherapie. Die Psychotherapeutische Sprechstunde kann eine schnelle Ersteinschätzung und flexible Unterstützung bieten.
Zu dem Zweck können bis zu sechs Sprechstunden à 25 Minuten durchgeführt werden oder mehrere dieser 25-Minuten-Einheiten werden zusammengelegt. Bei Kindern und Jugendlichen sind bis zu zehn Termine à 25 Minuten machbar. Hierbei entscheiden die Eltern mit der Therapeutin oder dem Therapeuten, welche Behandlung infrage kommt. Alternativ dürfen die Erziehungsberechtigten insgesamt 100 Minuten Beratungszeit beanspruchen.
Gegebenenfalls machen die Psychotherapeut:innen alternative Vorschläge, z. B. Präventionsangebote, oder sie verweisen auf Beratungsstellen.
Die Psychotherapeutische Sprechstunde muss nicht bei der Krankenversicherung beantragt werden. Erst, wenn eine Psychotherapie stattfinden soll, wird diese beantragt.
Akutbehandlung
Nach der psychotherapeutischen Sprechstunde gibt es in besonders dringenden Fällen die Möglichkeit, eine Akutbehandlung mit maximal 12 Sitzungen á 50 Minuten/24 Sitzungen à 25 Minuten im Jahr durchzuführen. Die Akutbehandlung soll in akuten seelischen Krisen das Befinden verbessern und auf eine reguläre Therapie vorbereiten.
Akutbehandlungen müssen nicht bei der Krankenkasse beantragt werden, diese muss aber informiert werden.
Probesitzungen
An die Psychotherapeutische Sprechstunde schließen sich „Kennenlerngespräche“ an – probatorische Sitzungen genannt –, damit wird eine eine Kurz- oder Langzeittherapie vorbereitet.
In bis zu vier Probesitzungen à 50 Minuten können Erwachsene, in bis zu sechs Sitzungen können Kinder und Jugendliche ausloten,
- ob sie und die Therapeutin/der Therapeut zueinander passen
- ob die geplante Therapie beim vorliegenden Krankheitsbild erfolgversprechend ist
- was sie sich von der Therapie versprechen bzw. welche Ziele sie haben
Probatorische Sitzungen müssen nicht bei der Krankenkasse beantragt werden, es empfiehlt sich aber, die Kasse zu informieren. Während der Corona-Pandemie können Sie die Stunden auch per Videocall oder telefonisch in Anspruch nehmen.
Bereits nach der ersten probatorischen Sitzung können Sie einen Antrag auf Kostenübernahme einer Kurzzeit- oder Langzeittherapie stellen. Über die Formalitäten klären die Psychotherapeut:innen Sie auf.
Seit 2019 unterstützen Terminservicestellen (TSS) die Suche nach einem Termin für eine zeitnahe Psychotherapeutische Sprechstunde, probatorische Sitzung und eine Akutbehandlung. TSS sind bundesweit unter der Telefonnummer des ärztlichen Bereitschaftsdienstes 116117 und online erreichbar.

Verfahren der Psychotherapie
Der Austausch zwischen Psychotherapeut:in und Patient:in steht im Mittelpunkt, wahlweise in Einzel- und/oder Gruppengesprächen. In der ambulanten Versorgung haben gesetzlich Krankenversicherte Anspruch auf die Kostenübernahme von vier Richtlinienverfahren:
1. Analytische Psychotherapie
Die analytische Psychotherapie basiert auf der klassischen Psychoanalyse nach Sigmund Freud und dessen Nachfolgern. Die Patient:in spricht über seine Vergangenheit, um innere Konflikte, Ängste und Prozesse aufzudecken. Hierbei liegt die Patient:in in aller Regel auf der Couch. Das therapeutische Geschehen wird durch mehrere analytische Techniken in Gang gesetzt und gefördert, z. B. durch Konfrontation. Das Ganze kann mehrere Jahre dauern und erfordert häufig mehrere Sitzungen pro Woche.
2. Tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie
Die tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie funktioniert ähnlich wie das analytische Pendant, nur ist der Behandlungszeitraum deutlich kürzer. Die Patient:in sitzt der Therapeut:in gegenüber. Im Vergleich zur analytischen Therapie liegt der Fokus im Hier und Jetzt, es wird von einem oder mehreren zeitlich begrenzten Konflikten ausgegangen. Therapeut:in und Patient:in gehen den Ereignissen gemeinsam in ein bis zwei Gesprächsstunden wöchentlich auf den Grund.
3. Verhaltenstherapie
Ungünstiges Verhalten ist erlernt und kann auch wieder verlernt werden – so das Credo der Verhaltenstherapie. Unter „Verhalten“ fallen hierbei beobachtbare Verhaltensweisen und Vorgänge, z. B. auf emotionaler und physiologischer Ebene. Unter dem Dach der Verhaltenstherapie finden sich mehrere Techniken, die auf Basis der Lern- und Sozialpsychologie entwickelt worden sind. Allen gemeinsam ist, dass sie die Bedingungen des Krankheitsgeschehens analysieren, gezielt Symptome behandeln und der Klient:in eine bessere Selbstregulation ermöglichen.
4. Systemische Therapie
Die Systemische Therapie oder auch Systemische Familientherapie für Erwachsene geht davon aus, dass das soziale Umfeld das Verhalten des Klienten beeinflusst, zum Beispiel Mitglieder der Familie oder Freund:innen. Diese werden in die Behandlung einbezogen.
Privatversicherer übernehmen zusätzlich die Kosten für weitere psychotherapeutische Verfahren. Das Leistungsangebot ist im jeweiligen Versicherungsvertrag geregelt. Außerdem weichen die Kosten für eine geplante Behandlung zum Teil deutlich von denen der GKVen ab. Privat Versicherte sollten vor Behandlungsbeginn deshalb klären, welche Kosten bezahlt werden.
Dauer der Psychotherapie
Eine Psychotherapie kann als Kurzzeittherapie (maximal 24 Stunden) durchgeführt werden oder als Langzeittherapie. Beispiele sind:
Therapieform | Stunden insgesamt | Sitzungen pro Woche |
Analytische Einzelpsychotherapie | 80 bis 240 (max. 300) | 2-4 |
Analytische Gruppenpsychotherapie | 80 bis 120 (max. 150) | 1-2 |
Tiefenpsychologisch fundierte Einzelpsychotherapie | 60 (max. 100) | 1-2 |
Tiefenpsychologisch fundierte Gruppenpsychotherapie | 40 bis 80 | |
Verhaltenstherapie | 60 bis 80 | 1 |
Nach einer Langzeittherapie kann eine Rezidivprophylaxe erfolgen, um Rückfälle zu vermeiden. Diese wird in mehreren Stunden durchgeführt und kann bis zu zwei Jahre dauern.
Fragen & Antworten
Wie bekomme ich schnell einen Termin bei Psychotherapeut:innen?
Bei den Kassenärztlichen Vereinigungen sind seit 2019 Terminservicestellen eingerichtet, die kurzfristig freie Termine für eine Psychotherapeutische Sprechstunde vermitteln sollen. Vor Beginn einer Psychotherapie und vor einer Akutbehandlung ist eine Psychotherapeutische Sprechstunde Pflicht. Einen Platz für eine reguläre Psychotherapie können Terminservicestellen nicht vermitteln. Die Wartezeit bei einem Psychotherapeuten mit Kassenzulassung soll laut Terminservice- und Versorgungsgesetz zwei bis drei Wochen nicht überschreiten. Für eine Kurz- oder Langzeittherapie dauern die Wartezeiten in vielen Regionen nicht selten bis zu sechs Monaten.
Wie finde ich eine Psychotherapeut:in in meiner Nähe?
Von den Krankenkassen zugelassene Psychotherapeut:innen finden Sie unter anderem bei der Psychotherapeutenkammer Ihres Bundeslandes, bei der Deutschen Psychotherapeut:innen Vereinigung, bei der Kassenärztlichen Bundesvereinigung bzw. bei den Kassenärztlichen Vereinigungen der Bundesländer.
Darf eine Psychotherapeut:in krankschreiben?
Nein, bisher dürfen Psychotherapeuten weder eine Arbeitsunfähigkeit bescheinigen, noch ihre Patient:innen zu einer Ärztin oder einem Arzt überweisen oder in ein Krankenhaus einweisen.
Was mache ich, wenn ich mit der Therapeut:in unzufrieden bin?
Eine psychologische Therapie fußt auf Vertrauen und einer guten zwischenmenschlichen Beziehung. Stellen Sie fest, dass Sie mit Ihrer Psychotherapeut:in keine gemeinsame Basis finden, haben Sie das Recht, eine andere Psychotherapeut:in aufzusuchen oder sich vermitteln zu lassen.
Quellen
- https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/sw/Psychotherapie?nid=100645
- https://www.bptk.de/zehn-prozent-der-betrieblichen-fehltage-durch-psychische-erkrankungen/
- https://www.kbv.de/html/1150_33826.php
- https://www.dgsf.org/service/was-heisst-systemisch/familientherapie-systemische_therapie.html
- https://www.bundesgesundheitsministerium.de/psychotherapeutenausbildung.html
- https://www.deutschepsychotherapeutenvereinigung.de/index.php?eID=dumpFile&t=f&f=1082&token=ebf60504f8360cfd3f5ac79c7e21d2fc64cadb25

Fabian Bohn
- Zuletzt aktualisiert: 9. Januar 2025
Dieser TeleClinic-Ratgeber wurde nach höchstem wissenschaftlichen Standard von unseren Medizinredakteuren verfasst. Die Artikel sollen Ihnen lediglich Erstinformation zu diversen Themen bieten und können keine ärztliche Diagnose ersetzen. Gerne beraten Sie erfahrene Ärzte weiterführend in einem Online-Arztgespräch.