Fabian Bohn
Andrea S. Klahre
Arzt Julian Serly
Chlamydien-Ratgeber
Chlamydien sind sehr kleine kugelförmige Bakterien, die bei ungeschütztem Sex eine der weltweit häufigsten sexuell übertragbaren Krankheiten auslösen. Allerdings wird eine Infektion nicht immer bemerkt, da sie nur selten Symptome zeigt. Die Folgen können vielfältig und dramatisch sein.
Kurzfassung
- Chlamydien-Infektionen zählt zu den weltweit häufigsten sexuell übertragbaren Erkrankungen (sexually transmitted diseases, STD oder sexually transmitted infections, STI).
- In Deutschland sollen sich jedes Jahr rund 300.000 Frauen mit dem Erreger anstecken.
- Die Übertragung erfolgt durch ungeschützten Sex (vaginal, anal, oral) sowie durch Verwenden von Sexspielzeug durch mehrere Personen ohne Schutzmaßnahmen.
- Chlamydien-Infektionen werden durch das Bakterium Chlamydia trachomatis übertragen.
- Betroffen sind vor allem Männer im Alter bis 35 und Frauen bis 25.
- 70 bis 90 Prozent der infizierten Frauen und bis zu 50 Prozent der infizierten Männer sollen keine Symptome zeigen.
- Sexuell aktiven Frauen wird empfohlen, einmal jährlich einen Chlamydien-Test (Chlamydien-Screening) durchzuführen. Die Kosten werden für Frauen bis 25 und für Schwangere von den Krankenkassen übernommen.
- Chlamydien-Infektionen sind mit Antibiotika gut behandelbar.
- Unbehandelt kann eine Infektion zu bleibenden Schäden führen, u. a. zu Unfruchtbarkeit (Infertilität), bei Männern in Einzelfällen zu Zeugungsunfähigkeit.
- Es gibt erste Hinweise, dass Chlamydien die Entwicklung von Eierstockkrebs begünstigen.
- Ein Kondom kann das Infektionsrisiko um etwa 60 Prozent reduzieren.
Definition
Chlamydien ist die umgangssprachliche Bezeichnung für eine Infektion mit sehr kleinen kugelförmige Bakterien, die zur Familie der Chlamydiaceae gehören. Das Bakterium Chlamydia trachomatis beziehungsweise dessen Untertypen (Serotypen) D-K können sich beim Erwachsenen im Genitaltrakt und Enddarm ausbreiten, und unbehandelt auf das Becken, die Atemwege, die Augen, die Gelenke. Chlamydia trachomatis kommt ausschließlich beim Menschen als Krankheitserreger vor.
Eine Infektion mit Chlamydien wird als Chlamydiose bezeichnet. In Deutschland sollen sich jedes Jahr rund 300.000 Frauen mit dem Erreger anstecken, mit Ausnahme von Sachsen besteht keine Meldepflicht.
Ursachen
Ungeschützter Geschlechtsverkehr (oral, vaginal, anal) ist der häufigste Übertragungsweg. Hinzu kommt die gemeinsame Nutzung von Sexspielzeug ohne entsprechende Schutzmaßnahmen, z. B. das Reinigen von potenziell infektiösen Körperflüssigkeiten wie Vaginalsekret, Sperma, Urin. Personen mit häufig wechselnden Sexpartnern können gleichzeitig mit mehreren Serotypen aus der C.-trachomatis-Familie infiziert sein.
Chlamydien docken an die Zellen der Schleimhäute an, vermehren sich im Inneren der befallenen Zellen und breiten sich schnell im menschlichen Organismus aus. Die Inkubationszeit dauert zwischen einer und drei Wochen, gelegentlich bis zu sechs Wochen. Ansteckend sind mit dem Bakterium C. Trachomatis Serotyp D-K besiedelte Schleimhäute der Harnwege, Genitalorgane und des Enddarms.
Unwissentlich infizierte schwangere Frauen können das Bakterium während der Geburt auf ihr Kind übertragen. Zu den Folgen zählen Entzündungen der Augenbindehäute in verschiedenen Schweregraden, des Nasen-Rachenraums und schlimmstenfalls der Lunge. Die Wahrscheinlichkeit für eine Ansteckung im Geburtskanal liegt bei 60 bis 70 Prozent.
Symptome
Oft verläuft eine Chlamydien-Infektion vollkommen asymptomatisch oder löst lediglich geringe oder unspezifische Beschwerden aus. Bei 70 bis 90 Prozent der infizierten Frauen und bis zu 50 Prozent der Männer sollen sich keine Symptome zeigen, die Infektion kann über Monate oder sogar Jahre bestehen und quasi zufällig entdeckt werden.
Mögliche Beschwerden bei Frauen
- häufiger Harndrang oder erschwertes Wasserlassen
- wässriger, glasig-trüber oder eitriger Ausfluss, häufig mit unangenehmem Geruch
- Jucken, Brennen, Schmerzen beim Urinieren
- Schmerzen beim GV
- blutiger Ausfluss beim oder nach dem GV
- Durchfall
- Fieber
- Schmerzen im Unterleib
- Zwischenblutungen
- Rückenschmerzen
Eine Chlamydiose beginnt meist mit einer Entzündung des Gebärmutterhalses (Zervizitis), darauf hinweisen können erhöhte Temperatur und Unterleibschmerzen.
Mögliche Beschwerden bei Männern
- akute schmerzhafte Entzündung der Harnröhre mit wässrigem, glasig-trübem bis eitrigem Ausfluss aus dem Penis
- gerötete Öffnung der Harnröhre
- Brennen, Jucken oder ziehende Schmerzen beim Wasserlassen
- Schmerzen beim GV vaginal und anal
- Entzündung der Harnblase
Mögliche Beschwerden bei Männern und Frauen im Enddarm
- Juckreiz
- Durchfall oder Verstopfung mit Abnahme der Stuhlfrequenz und -menge
- analer Ausfluss
- Analblutung
- Analekzem
- hellrote, blutige oder schleimige Ablagerungen auf dem Stuhl
- Schmerzen beim Analverkehr
Infektionen der Darmschleimhaut sind bei etwa 60 Prozent der Betroffenen ohne relevante Symptome, die Zeit von der Ansteckung bis zum Ausbruch potenzieller Beschwerden liegt zwischen einer und sechs Wochen.
Verlauf
Unerkannt und unbehandelt können die Folgen einer Chlamydien-Infektion dramatisch sein.
Bei Frauen
- Entzündungen der Eileiter und Eierstöcke, mit der Folge, dass die Eileiter verkleben
- chronische Entzündungen im gesamten kleinen Becken, die Gebärmutterhals, Gebärmutter, Eileiter und Eierstöcke betreffen (Pelvic Inflammatory Disease, PID)
- Unfruchtbarkeit durch verklebte Eileiter
- Eileiter- und Bauchhöhlenschwangerschaften
- genetische Veränderungen von Eileiterzellen in Richtung Tumorzellen, die sich bis zum Eierstock ausbreiten können
- Schwangerschaftskomplikationen wie vorzeitiger Blasensprung
- Früh- und Fehlgeburten
Bei Männern
- Entzündung der Prostata
- Entzündung der Nebenhoden
- Zeugungsunfähigkeit in Einzelfällen
Bei Frauen und Männern
Wenn sich Beschwerden außerhalb des Genitaltrakts einstellen, sind diese eher selten und betreffen
- Atemwege: Infektionen der Rachenschleimhaut durch Oralverkehr sind unspezifisch
- Augen und Ohren: chronische Bindehautentzündung mit eitrigen Absonderungen, entzündete Lider, geschwollene Lymphknoten der Ohren
- Gelenke: Entzündungen im Bereich der Knie und Füße, vor allem an den kleinen Zehengelenken. Diese sogenannte reaktive Arthritis entwickelt sich eine bis vier Wochen nach der Infektion an den Genitalien.
Diagnose
In aller Regel erhält die Gynäkologin/der Gynäkologe beziehungsweise der Urologe bereits die Anamnese wichtige Hinweise auf C. Trachomatis-Bakterien. Zuverlässig festgestellt werden sie dann durch den Nucleic Acid Amplification Test (NAAT). NAAT-Analysen werden im Urin und Sperma durchgeführt, sind aber auch für Abstriche vom Gebärmutterhals und bei Männer von der Harnröhre zugelassen. Da Infektionen der Enddarmschleimhaut oft unbemerkt bleiben, erfolgt bei Patienten mit regelmäßigem Analverkehr auch dann ein rektaler Abstrich, wenn es keine Symptome gibt. Außerdem werden gegebenenfalls Blutproben untersucht.
Im Labor werden die Proben molekularbiologisch analysiert. Ziel ist der Nachweis der Serotypen D-K.
Darüber hinaus lässt sich eine Chlamydiose durch einen Antikörpernachweis feststellen. Hierbei wird berücksichtigt, dass das Immunsystem auf das Eindringen des Bakteriums erst einige Wochen nach der Infektion reagiert. Gynäkologen veranlassen eine entsprechende Testung vor allem bei Spätfolgen oder im Rahmen der Suche nach Ursachen für Infertilität.
Chlamydien-Test bei Frauen im gebärfähigen Alter
Frauen unter 25 Jahren haben Anspruch auf eine jährliche Chlamydien-Testung (Chlamydien-Screening) als Kassenleistung. Diese wird mithilfe einer Urinprobe durchgeführt.
Das Chlamydien-Screening ist ebenfalls Bestandteil der gesetzlichen Schwangerenvorsorge im ersten Drittel der Schwangerschaft, um eine Übertragung der Krankheit auf das Kind während der Geburt zu verhindern.
Behandlung
Eine Chlamydien-Infektion lässt sich mit Antibiotika erfolgreich behandeln. Dabei kommen vor allem Wirkstoffe aus den folgenden Gruppen zum Einsatz:
- Tetrazykline (Doxycyclin)
- Makrolide (Azithromycin, Erythromycin)
- Fluorchinolone (Ofloxacin)
Die Therapiedauer richtet sich nach dem Schweregrad der Infektion. Sie erhalten das Antibiotikum als Einzelgabe oder als mehrfach über einen Zeitraum bis zu sieben Tagen einzunehmende Dosen. Um Re-Infektionen auszuschließen, kann eine noch längere Therapiedauer angezeigt sein. Wird die Infektion frühzeitig entdeckt und behandelt, heilt sie meist ohne bleibende Schäden aus.
Während der Behandlung und sieben Tage danach ist Sex tabu. Und: Damit es nicht zum Ping-Pong-Effekt kommt, ist eine Diagnostik und Therapie des Partners/der Partnerin bzw. aller Sexpartner der vergangenen sechs Monate erforderlich.
Prävention
Chlamydien werden beim Sex schnell weitergegeben. Eine Infektion lässt sich zuverlässig verhindern, wenn
- neue Partner Kondome beim Vaginal, Anal-, Oralverkehr gebrauchen
- Kondome bei gemeinsamer Nutzung von Sextoys verwendet werden
- sexuell aktive Frauen einmal im Jahr einen Chlamydien-Test durchführen, den gibt es auch als Selbsttest
- Sie gut auf sich und auf eine penible Körperpflege achten
Ein Kondom kann das Infektionsrisiko um etwa 60 Prozent reduzieren.
Wann zum Arzt?
Sobald Sie eine Ansteckung vermuten, sollten Sie sofort Ihre Gynäkologin/Ihren Gynäkologen oder Urologen aufsuchen. Sexuell aktive Menschen mit wechselnden Partnern sollten sich regelmäßig untersuchen lassen.
Fragen und Antworten
Kann eine Chlamydien-Infektion das Risiko erhöhen, sich mit HIV anzustecken?
Ja, die entzündeten Schleimhäute erleichtern es HI-Viren, in den Körper vorzudringen.
Erhöht eine Infektion mit Chlamydien das Risiko für Gebärmutterhalskrebs?
Nach heutigen Stand der Wissenschaft existieren keine gesicherten Belege, dass eine Chlamydien-Infektion dieses Krebsrisiko erhöhen würde. Es gibt allerdings erste Hinweise darauf, dass die Entwicklung von Eierstockkrebs begünstigt wird.
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Quellen
- https://www.apotheken-umschau.de/Geschlechtskrankheiten/Chlamydien-Unerkannte-Gefahr-106659.html
- https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/60198/Chlamydien-Infektionen-bei-MSM-moeglicherweise-haeufiger
- https://www.aerzteblatt.de/archiv/153139/Sexuell-uebertragbare-Infektionen-Ein-Unglueck-kommt-selten-allein
- https://www.rki.de/DE/Content/Infekt/EpidBull/Merkblaetter/Ratgeber_Chlamydiosen_Teil1.html;jsessionid=0169D84EA3246CD6CCE0B743F1C6BCD1.1_cid363#doc2382764bodyText2
- https://www.aidshilfe.de/chlamydien
- https://www.profamilia.de/fileadmin/publikationen/Reihe_Koerper_und_Sexualtitaet/chlamydien.pdf
- https://www.awmf.org/leitlinien/detail/ll/059-005.html
- https://www.gesundheitsforschung-bmbf.de/de/chlamydien-die-unterschatzte-gefahr-9257.php
- Zuletzt aktualisiert: 11. März 2024
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