Misoprostol-Ratgeber
Synthetisches Hormon zur Behandlung von Magen- und Zwölffingerdarmgeschwüren und zur Einleitung von Geburten
Misoprostol ist ein synthetischer Abkömmling des natürlichen Gewebehormons Prostaglandin E1. Zugelassen wurde es zum Schutz der Magenschleimhaut und zur Behandlung von akuten Magen- und Zwölffingerdarmgeschwüren. In den vergangenen 20 Jahren hat sich der Wirkstoff weltweit auch in der Geburtshilfe bewährt. Nur war er in Deutschland hierfür nicht zugelassen. Seit September 2021 ist das erste misoprostolhaltige Arzneimittel mit der offiziellen Indikation zur Geburtseinleitung nun auch auf dem deutschen Markt.
Kurzfassung
- Misoprostol ist ein synthetisch hergestellter Abkömmling des natürlich vorkommenden Gewebehormons Prostaglandin E1.
- Misoprostol setzt die Säurebildung im Magen herab und unterstützt die Abwehrmechanismen der Magen-Darmschleimhaut.
- Zugelassen wurde Misoprostol zum Schutz der Magenschleimhaut und zur Behandlung von akuten Magen- und Zwölffingerdarmgeschwüren.
- Außerdem führt Misoprostol an der Gebärmutter zu einer Reifung des Gebärmutterhalses und Kontraktionen der Gebärmuttermuskulatur, weshalb es auch zur Geburtseinleitung verwendet wird.
- Misoprostol gilt als der effektivste Arzneistoff zur Geburtseinleitung und soll vor allem bei der oralen Anwendung zu weniger Kaiserschnitten als mit anderen Medikamenten führen.
- Bis September 2021 gab es für den Wirkstoff in Deutschland keine offizielle Indikation zur Geburtseinleitung.
- Der Wirkstoff steht auf der Liste der unentbehrlichen Arzneimittel der Weltgesundheitsorganisation (WHO Model List of Essential Medicines).
Was ist Misoprostol?
Der Wirkstoff Misoprostol ist ein sogenanntes Prostaglandin-E1-Analogon: ein synthetischer Abkömmling des natürlichen Gewebehormons Prostaglandin E. Wie sein natürliches Pendant dockt es an Rezeptoren der Magenschleimhautzellen an. Dort hemmt es die Produktion von Salzsäure und unterstützt gleichzeitig die schützende Schleimbildung. In der Folge können Schäden im Magen oder Zwölffingerdarm verringert werden, die durch Säureüberproduktion oder durch Einnahme von Schmerzmitteln entstanden sind.
Entwickelt wurde der Wirkstoff 1973 in den USA, 1980 wurde er zur Vorbeugung medikamentenbedingter Magenschleimhautschäden und zur Behandlung von Magen-Darmgeschwüren zugelassen.
In der Geburtshilfe
Wie andere Wirkstoffe hat auch Misoprostol Effekte an verschiedenen Organen. Es führt zum Beispiel an der Gebärmutter zu einer Reifung des Gebärmutterhalses und zu Kontraktionen der Gebärmuttermuskulatur, indem es die natürlich vorkommende, Wehen auslösende Wirkung des Prostaglandin E1 nachahmt. Deshalb wird es seit vielen Jahren auch zur Geburtseinleitung angewendet. Es darf ab der 37. Schwangerschaftswoche verabreicht werden, wenn Muttermund und Gebärmutterhals noch unreif sind und es einen Grund gibt, die Geburt trotzdem einzuleiten. Unter ärztlicher Aufsicht wird es oral oder vaginal verabreicht.
Misoprostol hilft ebenfalls bei Blutungskomplikationen nach Geburten.
Der Wirkstoff steht auf der Liste der unentbehrlichen Arzneimittel der Weltgesundheitsorganisation (WHO Model List of Essential Medicines).
Rezeptpflicht
Misoprostol ist grundsätzlich verschreibungspflichtig. Nach medizinischer Beratung stellt der behandelnde Arzt ein Online-Rezept für Misoprostol aus. Über die Dauer der Therapie entscheidet der Arzt.
Medikamente mit dem Wirkstoff Misoprostol sind unter den Namen Arthotec® und Arthrotec® im Handel. Das Präparat Cytotec® wurde 2006 nur in Deutschland vom Markt genommen, in anderen europäischen Ländern ist es nach wie vor erhältlich und konnte importiert werden. Der Import wurde im April 2021 gestoppt.
Arthotec® und Arthrotec® sind Kombinationspräparate, die primär Diclofenac enthalten, einen Wirkstoff aus der Gruppe der nicht-steroidalen Antirheumatika (NSAR) gegen entzündliche rheumatische Erkrankungen sowie schmerzhafte Entzündungen und Schwellungen nach Verletzungen. Misoprostol hilft den Magen zu schützen.
Seit September 2021 ist mit der Zulassung des Präparats Angusta® in Deutschland erstmals eine geeignete Darreichungsform für die geburtshilfliche Anwendung in Kliniken verfügbar. Der Wirkstoff Misoprostol gilt als das effektivste Medikament zur Geburtseinleitung und soll vor allem bei der oralen Anwendung zu weniger Kaiserschnitten als mit anderen Medikamenten führen (z. B. Oxytocin).
Nebenwirkungen
Eine Übersicht der wichtigsten Nebenwirkungen des Arzneistoffs:
Sehr häufig |
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Häufig |
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Gelegentlich |
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Selten |
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Sehr selten |
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Über- und Unterdosierung
Wenn versehentlich zu viel Misoprostol eingenommen wurde, kann es zu einer Verstärkung von Nebenwirkungen und Vergiftungserscheinungen kommen. Betroffene informieren bitte zügig ihren behandelnden Arzt.
Wurde die Einnahme des Medikaments mal vergessen, wird sie zum nächsten planmäßigen Zeitpunkt wie gewohnt fortgesetzt.
Gegenanzeigen
Falls Unverträglichkeiten gegen Misoprostol bekannt sind oder Vorschäden wie Magengeschwüre, Blutungen oder Leber- und Nierenfunktionsstörungen bestehen, sind andere Wirkstoffe die bessere Wahl. Weitere Risiken bestehen bei vorangegangenen Schlaganfällen und Herzschäden.
Gegen Beschwerden des Verdauungstraktes sollten Frauen Misoprostol nur anwenden, wenn eine Schwangerschaft zuverlässig ausgeschlossen ist. Es drohen Missbildungen des Ungeborenen und Fehlgeburten.
Misoprostol ist für Patienten unter 18 Jahren nicht geeignet. Zudem gibt es Wechselwirkungen mit zahlreichen Medikamenten. Sprechen Sie darüber mit Ihrem Arzt.
Quellen
- https://www.dggg.de/presse/pressemitteilungen-und-nachrichten/stellungnahme-zur-berichterstattung-ueber-cytotec-zur-geburtseinleitung
- https://www.ifap.de/deu_de/magazin/artikel-preisaenderungen/misoprostol-nun-auch-in-deutschland-zur-geburtseinleitung-zugelassen.html
- https://www.gesundheitsinformation.de/misoprostol-angusta-bei-geburtseinleitung.html
- https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/109314/Misoprostol-zur-Geburtseinleitung-Unverzichtbar-und-umstritten
- https://www.pharmawiki.ch/wiki/index.php?wiki=misoprostol
- http://www.misoprostol.org/misoprostol_deutsch/