Ratgeber zu Amoxicillin
Hochwirksames Breitband-Antibiotikum
Der Wirkstoff Amoxicillin ist ein vom Penicillin abgeleitetes Antibiotikum und wirksam gegen viele verschiedene Bakterien – gegen Erreger einer akuten Mittelohrentzündung und Bronchitis ebenso wie gegen solche von Infektionen des Nasen-Rachenraums und der Harnwege bis zu denen einer Lungenentzündung oder Lyme-Borreliose nach einem Zeckenstich. Amoxicillin ist rezeptpflichtig und auch als Online-Rezept erhältlich. Generell sollten Antibiotika nur verordnet werden, wenn sie wirklich nötig sind.
Kurzfassung
- Amoxicillin ist ein Abkömmling vom Penicillin und wirkt als Breitband-Antibiotikum gegen viele Bakterien.
- Der Wirkstoff wurde in Deutschland 1981 zugelassen.
- Aufgrund des breiten Wirkspektrums wird Amoxicillin auch gegeben, wenn am Anfang einer Behandlung der genaue Erreger noch nicht feststeht.
- Amoxicillin hemmt Bakterien in ihrer Wachstumsphase, sodass sie keine funktionsfähige Zellwand aufbauen und sich nicht vermehren können. Die Infektion wird gestoppt.
- Bei bekannter Überempfindlichkeit gegen Penicillin darf Amoxicillin nicht verordnet werden.
- Zu den häufigsten Nebenwirkungen gehören Magen-Darm-Beschwerden und das Amoxicillin-Exanthem. Das ist eine akute (pseudo-)allergische Hautreaktion sieben bis zehn Tage nach Therapiebeginn.
- Damit der Wirkstoff besser verträglich ist, sollte Amoxicillin immer kurz vor einer Mahlzeit genommen werden.
- Resistenzen lassen sich vermeiden, wenn Sie die Behandlung nicht vorzeitig abbrechen. Und: Antibiotika sollten nur verordnet werden, wenn sie wirklich nötig sind.
Steckbrief Amoxicillin
Amoxicillin steht auf der Liste der unentbehrlichen Arzneimittel der Weltgesundheitsorganisation WHO und wirkt gegen unterschiedliche bakterielle Infektionen. Der Wirkstoff ist ein Abkömmling des Penicillins, dem ersten breit genutzten Antibiotikum. Penicillin stammt aus grünen Schimmelpilzen. Der britische Mikrobiologe Sir Alexander Fleming ist 1928 einer der Entdecker, er erhielt dafür 1945 den Nobelpreis für Medizin.
Amoxicillin gehört zu den Amino-Penicillinen aus der Gruppe der Beta-Lactam-Antibiotika, wurde 1972 von britischen Wissenschaftlern entdeckt und ist in Deutschland seit 1981 zugelassen.
Amoxicillin hemmt Bakterien in ihrer Wachstumsphase, sodass die Hauptbestandteile der Zellwände – sogenannte grampositive und gramnegative Bakterien – keine Verbindungen zueinander und somit keine funktionierende Zellwand aufbauen können. In der Folge platzen die Bakterien – und tschüss. Seriös gesagt: Die Bakterien können sich nicht vermehren und gehen zugrunde. Die Infektion wird gestoppt.
Das Antibiotikum ist hochwirksam, als Fertigarzneimittel unter verschiedenen Namen im Handel und rezeptpflichtig. Apotheken dürfen es ohne Rezept nicht abgeben.
Typische Einsatzgebiete
Die Substanz hat ein breiteres Wirkspektrum als das ursprüngliche Penicillin, ist länger aktiv als dieses und erlaubt eine Behandlung im Anfangsstadium von sowohl grampositiven als auch gramnegativen bakteriellen Infektionen, wenn der genaue Erreger noch nicht feststeht. Darin liegt ein Problem, denn Antibiotika sollten nur verordnet werden, wenn sie wirklich nötig sind.
Wichtige Anwendungsgebiete sind:
- Akute Harnwegsinfekte, z. B. Blasenentzündung (Zystitis)
- Akute Infekte der Nasenschleimhaut- und/oder Nasennebenhöhlen
- Akute Bronchitis
- Akute Mittelohrentzündung (Otitis media)
- Aggressive Entzündungen des Zahngewebes (Parodontitis)
- Akute Nierenbeckenentzündung
- Magengeschwüre durch das Bakterium Helicobacter pylori
- Symptomlose Bakterien im Urin während der Schwangerschaft (asymptomatische Bakteriurie)
- Akute Hautinfektionen, z. B. nach Tierbissen
- Nahrungsmittelvergiftung durch Listerien (Listeriose)
- Lyme-Borreliose nach Zeckenstich
- Akute bakterielle Entzündung der Herzinnenhaut (Endocarditis acuta)
- Eitrige Mandelentzündungen, z. B. akute Streptokokken-Angina
Bei nierengesunden Erwachsenen und bei Kindern mit einem Körpergewicht über 40 Kilogramm gelten die üblichen Dosierungen. Bei einem niedrigeren Gewicht soll die Dosierung möglichst genau angepasst werden.
Anwendung
Amoxicillin gibt es als Tablette, Saft, Spritze und Infusion. Über die Dosierung, das Einnahmeschema und die Behandlungsdauer entscheidet der Hausarzt und gegebenenfalls der beratende Arzt der TeleClinic, je nach
- Erreger (ganz allgemein muss ein Antibiotikum zum Erregerspektrum der Infektion passen, sonst bleibt die Behandlung wirkungslos)
- Art und Schweregrad der Infektion
- Alter und Gewicht
- Nierenfunktion, da der Wirkstoff zum größten Teil über die Nieren ausgeschieden wird
Ideal ist die Einnahme des Wirkstoffs mit einem Glas Wasser kurz vor den Mahlzeiten, das verbessert die Aufnahme im Darm und verringert das Risiko von Nebenwirkungen wie Übelkeit, Bauchschmerzen oder Durchfall. Etwa 60 Minuten nach Einnahme wird im Blut die Höchstkonzentration erreicht.
Resistenzen lassen sich vermeiden, wenn die Behandlung nicht vorzeitig abgebrochen wird. Das heißt zumeist: Packungsinhalt komplett verbrauchen. Wichtig sind auch die gleichbleibenden zeitlichen Abstände der Einnahme, damit die Konzentrationen des Wirkstoffs im Blut konstant bleiben. Dies ist gut für die Wirkung. Am besten, Sie nehmen die Hinweise Ihres Arztes ernst beziehungsweise lesen den Beipackzettel sorgfältig.
Nicht zu unterschätzen ist die Wirkung des Antibiotikums im Zusammenhang mit Alkohol. Für alle Körperzellen bedeutet die Kombination Hochstress.
Nebenwirkungen
Da alle antibiotisch wirkenden Substanzen schädliche Darmbewohner genauso angreifen wie die gesunde Darmflora, leiden die meisten Patienten auch unter der Therapie mit Amoxicillin an Durchfall, Übelkeit, Erbrechen. Außerdem kommt es
- häufig zu einer Überempfindlichkeit in Form von Hautausschlägen: Das Amoxicillin-Exanthem ist eine akute (pseudo-)allergische Hautreaktion, zum Bespiel an Händen, Bauch, Hals oder auf der Stirn. Diese entwickelt sich sieben bis zehn Tage nach Therapiebeginn. Im Zusammenhang mit Virusinfektionen – für die Antibiotika nun mal nicht gemacht sind – treten Hautreaktionen oft gleichzeitig an verschiedenen Körperstellen auf
- häufig zu unterschiedlich ausgeprägtem Nesselfieber (Urtikaria), Juckreiz (Pruritus), einer Candida-Pilzinfektion im Mund-Rachenraum, Genital- und Gesäßbereich, unter der weiblichen Brust
- häufg bei Kindern zu Zahnverfärbungen, die sich durch durch gründliches Zähneputzen entfernen lassen
- gelegentlich zu Schleimhautentzündungen
- selten zu Müdigkeit und Schlafbeschwerden
- sehr selten zu Schwindel, Krampfanfällen, Veränderungen des Blutbildes, Funktionsstörungen der Leber
Über weitere mögliche Nebenwirkungen informiert Sie der Beipackzettel.
Bei Kindern, die in den ersten vier Lebensjahren bestimmte Antibiotika erhalten, steigt die Gefahr für „Kreidezähne” (Molaren-Inzisiven-Hypomineralisation, MIH). So werden fleckige, bröselige Zähne bezeichnet, bei denen die Bildung von schützendem Zahnschmelz gestört ist. Die Deutsche Gesellschaft für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde bezeichnet Kreidezähne als neue Volkskrankheit, für die es noch andere Risikofaktoren gibt.
Gegenanzeigen
Bei bekannter Überempfindlichkeit gegen andere Beta-Lactam-Antibiotika wie Penicillin oder Cephalosporine darf Amoxicillin nicht verordnet werden. Auch wenn im Rahmen einer früheren Therapie mit Antibiotika aus dieser Gruppe Störungen der Leberfunktion oder eine Gelbsucht (Ikterus) aufgetreten sind, darf Amoxicillin nicht eingenommen werden.
Fragen und Antworten
Kann Amoxicillin während der Schwangerschaft und Stillzeit eingenommen werden?
Während der Schwangerschaft stellt Ihr Gynäkologe/Ihre Gynäkologin ein entsprechendes Rezept unter strenger Abwägung von Risiken und Nutzen aus. Während der Stillzeit soll Amoxicillin nicht eingenommen werden. Der Wirkstoff geht in die Muttermilch über und kann beim Neugeborenen zu Durchfall oder Pilzinfektionen führen.
Dürfen Amoxicillin-Patienten Maschinen bedienen und Autofahren?
Der Wirkstoff selbst beeinträchtigt die Fahrtüchtigkeit oder die Fähigkeit zum Bedienen komplexer Maschinen nicht. Allerdings können Nebenwirkungen wie Übelkeit die Fähigkeiten negativ beeinflussen.
Quellen
- https://www.gelbe-liste.de/wirkstoffe/Amoxicillin_29
- https://www.aerzteblatt.de/archiv/198620/Penicillinallergie-(1)-Wenn-die-Vermutung-nicht-zutrifft
- https://flexikon.doccheck.com/de/Amoxicillin
- https://www.zahnaerztekammernordrhein.de/fuer-patienten-beratung-service/molaren-inzisiven-hypomineralisation-mih/
Fabian Bohn
- Zuletzt aktualisiert: 28. Dezember 2023
Dieser TeleClinic-Ratgeber wurde nach höchstem wissenschaftlichen Standard von unseren Medizinredakteuren verfasst. Die Artikel sollen Ihnen lediglich Erstinformation zu diversen Themen bieten und können keine ärztliche Diagnose ersetzen. Gerne beraten Sie erfahrene Ärzte weiterführend in einem Online-Arztgespräch.