Fabian Bohn
Kurzfassung
- Man unterscheidet allgemein zwischen Harn- und Stuhlinkontinenz
- Harn- und Stuhlinkontinenz können auch gleichzeitig auftreten
- Die Ursachen von Inkontinenz sind sehr vielfältig, wirken sich jedoch alle auf die Funktionsweise der Harnblase aus
- Die Behandlung richtet sich in der Regel nach der Ursache der Inkontinenz
Was ist Inkontinenz?
Bei Inkontinenz können Menschen ihren Urin oder seltener ihren Stuhl nicht kontrolliert zurückhalten. Es handelt sich bei Inkontinenz nicht um eine eigenständige Erkrankung, sondern um ein Symptom.
Harninkontinenz
Auch wenn die Harninkontinenz umgangssprachlich auch „Blasenschwäche“ genannt wird, ist die Blase nicht immer die Ursache. Man unterscheidet fünf unterschiedliche Erscheinungsformen:
- Der Auslöser von Belastungsinkontinenz (Stressinkontinenz) ist körperliche Belastung, die den Druck im Bauchraum erhöht (z.B. beim Anheben schwerer Gegenstände, Husten, Niesen, Lachen). Dabei verlieren Betroffene unwillkürlich Urin. In schweren Fällen geht Urin bei jeder Bewegung ab, im Extremfall auch im Stehen oder Liegen, auch wenn die Betroffenen keinen Harndrang verspüren.
- Bei Dranginkontinenz tritt der Harndrang überfallartig und sehr häufig (teils mehrmals pro Stunde) auf, obwohl die Blase noch gar nicht voll ist. Da der Urin schwallartig abgeht, schaffen es die Betroffenen oft nicht mehr rechtzeitig zur Toilette.
- Personen, die an Reflexinkontinenz leiden, spüren nicht mehr, wann die Blase voll ist und können auch die Entleerung nicht mehr steuern.
- Bei Überlaufinkontinenz fließen, wenn die Blase voll ist, ständig kleine Mengen Urin ab. Auch permanenter Harndrang kann eine Auswirkung sein.
- Auch bei der extraurethralen Harninkontinenz geht ständig und unkontrolliert Urin ab. Allerdings geschieht dies nicht über die Harnwege, sondern durch andere Öffnungen (mediz.: extraurethral), etwa durch die Scheide oder den After.
Stuhlinkontinenz
Personen die an Stuhlinkontinenz leiden, können den Darminhalt sowie Darmgase nicht willkürlich im Enddarm zurückhalten. Es werden drei Schweregrade unterschieden:
- Teilinkontinenz 1. Grades: unkontrollierter Abgang von Luft und gelegentliches Stuhlschmieren bei Belastung.
- Teilinkontinenz 2. Grades: Patienten können Darmgase und dünnen Stuhl nicht halten.
- Totalinkontinenz: totaler Kontrollverlust über die Darmentleerung, der mit ständigem Stuhlschmieren verbunden ist. Patienten verlieren auch festen Stuhl.
Ansonsten unterscheidet man, wie bei der Harninkontinenz, zwischen Fällen, bei denen die Betroffenen zwar spüren, dass gleich Stuhl abgeht, es jedoch nicht rechtzeitig auf Toilette schaffen und Fällen bei denen der Stuhlabgang unerwartet auftritt.
Ursachen
Harninkontinenz
Die Ursachen für Harninkontinenz können sehr vielfältig sein, sie wirken sich jedoch alle auf die Funktion der Harnblase aus. Diese erfüllt zwei wichtige Aufgaben:
- Speichern des Urins
- Entleerung der Harnblase (möglichst) zum gewünschten Zeitpunkt
Belastungsinkontinenz:
Funktionsweise des Verschlussmechanismus zwischen Blasenhals und Harnröhre gestört durch
- Verletzung des Beckenbodengewebes
- Nervenverletzungen und -reizungen
- Vorwölbung der Harnblase
Dranginkontinenz:
Fälschlicherweise wird das Signal “Blase voll” an das Gehirn gesendet, was einen unkontrollierten Harndrang auslöst. Mögliche Ursache sind:
- Nervenschäden oder -reizungen infolge einer Operation
- neurologische Erkrankungen wie Multiple Sklerose, Parkinson, Alzheimer, ein Hirntumor oder Schlaganfall
- ständige Reizungen der Blase, zum Beispiel durch Blasensteine oder Harnwegsinfekte (Blasenentzündung)
- nicht ausreichend behandelte Diabetes mellitus: Giftstoffe, die durch den erhöhten Blutzuckerspiegel entstehen, wirken sich auf das Nervensystem aus.
- psychische Ursachen
Reflexinkontinenz:
Die Ursache bei einer Reflexinkontinenz ist eine Schädigung der Nerven im Gehirn oder im Rückenmark, die die Blase steuern. Dies kann zum Beispiel bei einer Querschnittslähmung oder bei neurologischen Erkrankungen wie Parkinson, Multiple Sklerose, Schlaganfall oder Alzheimer der Fall sein.
Überlaufinkontinenz:
Durch eine Blockade des Blasenausgangs wird der Harnabfluss gestört. Dies kann durch eine vergrößerte Prostata oder eine Harnröhrenverengung, die z.B. durch einen Tumor oder Harnsteine bedingt sein kann, entstehen.
Extraurethrale Inkontinenz:
In der Regel ist diese Form der Inkontinenz durch eine Fehlbildung oder eine Fistel bedingt.
Eine Filst ist ein “unnatürliches” Verbindungskanälchen zwischen zwei Hohlorganen oder einem Hohlorgan und einer Körperoberfläche. Eine extraurethrale Inkontinenz kann entstehen, wenn eine Fistel zwischen dem harnableitenden System und der Haut, dem Darmtrakt oder de, weiblichen Genitaltrakt besteht.
Stuhlinkontinenz
In seltenen Fällen ist die Stuhlinkontinenz angeboren. Häufiger ist eine erworbene Inkontinenz beruhend auf einer Störung oder Schädigung des sogenannten Kontinenzorgans (Anorektum). Mögliche Ursachen sind:
- Verletzungen, beispielsweise durch Geburten oder Operationen: Sie können zu einer Funktionsstörung des Schließmuskel führen oder die Nervenwahrnehmung am Darmausgang beeinträchtigen.
- chronisch-entzündliche Darmerkrankungen wie Morbus Crohn
- neurologische Krankheiten wie Demenz oder Multiple Sklerose
- Tumoren im Bereich des Enddarms (wie Mastdarmkrebs)
- Darmträgheit und Verstopfung: Festsitzender Stuhl verursacht eine Blockade, an der nur wässriger Stuhl passieren kann.
- Beckenbodenschwäche
- Medikamente wie Abführmittel, Antidepressiva oder Parkinson-Medikamente
- ausgeprägte Hämorrhoiden
- Vorfall (Prolaps) des Mastdarms oder Enddarms
Behandlung
Die Therapie wird an die Form und Ursache der Inkontinenz und an die Lebenssituation der Betroffenen angepasst.
Therapie von Harninkontinenz
Beckenbodentraining |
Ziel:
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Biofeedbacktraining |
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Elektrotherapie |
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Toilettentraining (Blasentraining) |
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Hormonbehandlung |
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Medikamente | Je nach Form der Inkontinenz:
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Katheter |
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Operation |
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Therapie von Stuhlinkontinenz
Auch bei Stuhlinkontinenz können Beckenbodentraining, Elektrotherapie und Toilettentraining Erfolge erzielen.
Weitere Möglichkeiten sind:
- Schrittmacher, die die Koordination zwischen Gehirn, Beckenboden, Darm und Schließmuskel verbessert
- Abführmittel zur gezielten Entleerung des Darms
- Motilitätshemmer, die die Darmbewegung (Peristaltik) hemmen und dadurch die Häufigkeit des Stuhlgangs verringern
- Operation z.B. Nähen verletzter Schließmuskeln oder Einsetzen künstlicher Schließmuskeln
Quellen
- https://www.netdoktor.de/symptome/inkontinenz/
- https://www.apotheken-umschau.de/krankheiten-symptome/symptome/inkontinenz-wenn-blase-oder-darm-schwaecheln-702129.html
- Zuletzt aktualisiert: 11. März 2024
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